Schönhauser Apotheke: Positionierung der Vor-Ort-Apotheke
19. Oktober 2021In diesem Interview mit Nico Reinold, Inhaber der Schönhauser Apotheke, erfahrt ihr, wie die Übernahme der Apotheke ablief, wie die Positionierung erarbeitet wurde und wie die Apotheke COCO für ihre digitale Kommunikation nutzt.
1. Wer bist du?
Ich heiße Nico Daniel Reinold, bin Apotheker und Apothekenbetriebswirt und wohne in Berlin. Ich war über 10 Jahre Filialleiter einer Apotheke und bin seit August 2021 Inhaber der Schönhauser Apotheke im Prenzlauer Berg.
2. Wie bist du zur Schönhauser Apotheke gekommen?
Wie die Jungfrau zum Kind. Ich war in meiner Position als Filialleiter einer mittlerweile großen und bekannten Apotheke in Berlin - Friedrichshain völlig zufrieden. Sowohl aus persönlichen Gründen als auch meine Karriere betreffend. Selbstständigkeit war nie mein Ziel. Schon gar nicht in diesen Zeiten, in denen mehr Apotheken schließen als eröffnen... Kaum erfolgreiche Lobbyarbeit, enormer Fachkräftemangel, politische Entscheidungen, die wir durch die Presse erfahren, Inhaber*innen, die weniger verdienen als ihre angestellten Apotheker*innen, währenddessen scheinbar Deuschland immer noch denkt, dass wir uns nach wie vor dumm und dämlich verdienen und die ganz klar FDP wählen!
Aber dann änderte sich im Laufe der Zeit immer mehr die Priorität und die Einstellung zu meinen beiden Steckenpferden Sexuelle Gesundheit und die Versorgung von Menschen mit HIV in der Unternehmensführung. Wie sehr mich diese Veränderungen unzufrieden machten, manifestierte sich in einem immer schlimmer werdenden „Bored Out“… Und irgendwann hatte ich einfach keinen Bock mehr, weiterzumachen und habe die Filialleitung abgegeben. Ich ging runter auf 30 Stunden pro Woche, was nach über 10 Jahren in einer Führungsposition für mich eine ganz neue Erfahrung war. Lebensqualität! Qualitytime! Ein Sabbatical im Berghain, eine 90 tägige Rundreise mit dem Bus durch den Harz! Endlich leben! Aber bitte keine eigene Apotheke.
Doch mir wurde relativ schnell klar, dass, wenn ich mit meinem gewohnten Engagement am Patienten und der Freude an meinem Beruf weitermachen will, dann muss ich raus aus meiner bisherigen Komfortzone. Nur wie?
Irgendwann rief mich ein Herr der Treuhand Hannover an. Ich hatte mich bei denen mal vor Jahren in eine Liste eingetragen, dass man mich gerne kontaktieren kann, wenn ein interessantes Objekt verkauft werden soll. Man wäre auf mich aufmerksam geworden und er möchte mir gerne ein Angebot machen, dass ich nicht ablehnen kann. Nachdem mir alle nötigen Informationen und Zahlen vorlagen und ich erfuhr, welche Apotheke es ist, war mir klar: Er hat vollkommen recht – ich kann nicht ablehnen, denn es ist für mich perfekt! Ich will die Schönhauser Apotheke übernehmen!
3. Wie bist du an das ganze Thema “Übernahme” rangegangen?
Zu allererst hab ich meinen Mann eingeweiht und ihn gefragt, wie er dazu steht, dass ich diesen Schritt machen möchte. Danach erzählte ich es meinen allerbesten Freund:innen und meiner Familie, um zu klären, ob meine Lieben irgendwelche Bedenken bezüglich einer Selbstständigkeit haben. Da alle meine Lieben sich über meine Entscheidung sehr freuten und mir alle ihre Unterstützung zusagten, konnte ich emotional gestärkt in den kommenden Marathon der Übernahme starten.
Ich habe dann zunächst in der Schönhauser Apotheke unter der letzten Inhaberin begonnen, damit ich schon mal einen Einblick vor Ort bekomme und die Kollegen kennenlernen kann. Das war im Januar 2021. Und die Übernahme erfolge dann schlussendlich im August, nachdem ich die Betriebserlaubnis erhalten habe. Da war ja doch einiges zu erledigen: Kaufvertrag, Mietvertrag und die Klärung ganz dringender Umbaumaßnahmen und Sanierungsarbeiten, für die Baugenehmigungen nötig waren und die der Vermieter absegnen musste. Dann natürlich die Finanzierung über die KfW. Das Ganze hat daher länger gedauert als geplant, da muss man manchmal einen langen Atem haben oder viel Grauburgunder.
4. Was würdest du Kollegen raten, die ein ähnliches Vorhaben haben?
“Bist du irre? Lass das bloß sein!”
Nein, im Ernst. Man muss sich darauf einstellen, dass man sich mit viel Papierkram und Behörden rumschlagen muss – und dass garantiert nicht alles so läuft, wie geplant. Mir persönlich war es daher wichtig, mich mit Leuten zu umgeben, die mich unterstützen und meine Vision teilen. Ich hatte ein riesiges Glück mit den Mitarbeitern, die ich alle übernommen habe. Das ist ein tolles Team, welches offen für neue Abenteuer ist. Das ist sehr viel wert.
Man wird trotzdem schlaflose Nächte haben und das Gefühl, dass einem alles über den Kopf wächst. Daher muss man das Ziel vor Augen haben. Wenn man es über die anfänglichen Hürden schafft, schafft man alles.
5. Warum hast du dich mit dem Thema Positionierung für deine Apotheke beschäftigt?
Als Apotheker kriegt man natürlich mit, wenn eine bekannte Apotheke in der Stadt schließt. Man muss heutzutage einfach offen für Neues sein. Stichworte Digitalisierung und Customer Service zum Beispiel. Aber es ist auch ganz viel Wert, wenn einem bestimmte Themen einfach am Herzen liegen. Wie schon gesagt, bei mir sind das die Themen Sexuelle Gesundheit und HIV. Ich finde es wichtig, dass Themen der Gesundheit immer gleichwertig behandelt werden. Gesundheit gehört einfach niemals “in die Schmuddelecke”. Es darf nicht sein, dass Leute aus Scham nicht zu Ihrem Arzt oder Apotheker gehen. Und es muss unsere Aufgabe sein, den Leuten diese Scham zu nehmen. Indem wir diese Themen einfach ganz offen bewerben, zeigen wir den Leuten: “Es ist okay, mit uns zu sprechen. Nein, das sollte nicht tropfen und jucken, aber das kann passieren. Wir haben da was für dich!”
6. Wie bist du bei der Erarbeitung eurer Positionierung vorgegangen?
Es ist ganz wichtig, sich bei diesen Themen auf dem Laufenden zu halten. Es gibt Kongresse, Workshops, Schulungen. Diese Möglichkeiten sollte man nutzen. Das habe ich schon in meiner vorigen Position als Filialleiter genutzt und getan und dadurch war das für mich kein unbekanntes Thema.
Es war mir auch ganz wichtig, die Social Media Kanäle zu nutzen, um mit den Patienten in den direkten Austausch treten zu können. Wir nutzen hierfür derzeit Instagram und Facebook. Darüber können wir zu Gesundheitsthemen informieren, aber auch direktes Feedback zu unserer Arbeit erhalten.
7. Was ist das Ergebnis?
Wir sind dabei, die Schönhauser Apotheke als Marke zu etablieren. Da die Übernahme erst im August war, stecken wir damit natürlich noch in den Kinderschuhen. Wir haben jedoch eine tolle Webseite, auf die wir schon sehr stolz sind. Hierüber können Rezepte einfach vorbestellt werden, was den Patienten den extra Weg erspart, sollte mal etwas nicht auf Lager sein. Hier werden wir in Zukunft auch Blogbeiträge zu Themen wie Gesundheit und Ernährung einstellen, damit die Webseite ein echter Mehrwert wird und es sich lohnt, reinzuschauen.
Wie das Ergebnis am Ende wirklich aussieht, werden wir wohl erst in ein, zwei Jahren wissen.
8. Was ist eure Vision?
Die Nummer 1 Apotheke in Berlin und Deutschland sein, was die Themen sexuelle Gesundheit, Inklusion, Tans*Gesundheit und LGBTQ+ angeht. Ein Safe Space für alle.
9. Wie wollt ihr eure digitale Kommunikation aufstellen?
Wie schon gesagt, nutzen wir Instagram und Facebook, die Webseite und natürlich kommt demnächst das E-Rezept. Wir haben jemanden, der die digitalen Kanäle pflegt und eine gute Fee im Büro, die alle Fragen per Mail oder Anfragen über die Homepage beantwortet. Und mit dem E-Rezept kommt natürlich auch der Chat Support.
10. Warum findest du, ist digitale Kommunikation wichtig für die Vor-Ort-Apotheke?
Es ist einfach wichtig, den Patienten die beste Beratung vor Ort zu bieten, aber man muss auch mit der Zeit gehen. Wenn jemand im Urlaub ist und eine Frage zu seinem Medikament hat, muss es möglich sein, dass er uns eine Mail schreibt. Zeit ist auch ein wichtiger Faktor. Wir möchten hier Hürden abbauen, damit es möglichst einfach und über möglichst viele Kanäle möglich ist, mit uns ins Gespräch zu kommen.
11. Warum hast du dich entschieden, COCO für eure digitale Kommunikation zu nutzen?
Auf persönliche Empfehlung. Wir sind eine etwas unkonventionelle Apotheke und haben einen unkonventionellen Partner gesucht. Und die Tools die uns bereitgestellt werden, mit denen wir viele Kanäle gleichzeitig bespielen können, sind natürlich super für digitale Kommunikation.
Weiterführende Informationen
Website der Schönhauser Apotheke
COCO: Marketing System für die Vor-Ort-Apotheke
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